Petitionen
Übersicht 2023
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Wir ersuchen den Hohen Landtag diese Petition in Behandlung zu ziehen und an die Regierung zu überweisen, damit diese die Umsetzung der folgenden Forderungen in die Wege leitet:
– Zur bezahlten Mutterzeit und zur bezahlten Vaterschaftszeit eine genügend lange bezahlte Elternzeit je Elternteil in der Höhe von 80%-des AHV-pflichtigen Lohns und einer Deckelung bei der Höhe des Medianlohns (6'852 Franken Stand 2022).
– Einen Care-Barometer – analog des Schweizerischen Care-Barometers.
– Das Amt für Statistik die unbezahlte Arbeit wiederkehrend statistisch erhebt.
– Den Einbezug der unbezahlten Care-Arbeit in die Sozialversicherungen.
– Massnahmen, die eine angemessene Verteilung der unbezahlten Care-Arbeit zwischen den Geschlechtern ermöglichen.
– Im ersten Lebensjahr des Kindes gilt die Zeit zum Stillen oder Abpumpen im und ausserhalb des Betriebs als bezahlte Arbeitszeit (bezahlte Stillpausen je nach Arbeitsumfang analog der Schweiz).
Begründung
Elternzeit: Für eine realistische Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben und für die Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt ist eine wirksame Elternzeit von zentraler Bedeutung.
Mit Blick auf den zunehmenden Fach- bzw. Arbeitskräftemangel ist eine angemessen bezahlte Elternzeit unabdingbar, damit es für Eltern aller Einkommensschichten möglich ist, eine Elternzeit zu nehmen und somit eine Geschlechtergleichstellung auch tatsächlich gefördert wird.
Die Umsetzung der EU-Richtlinie 2019 zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige soll zu einer fair bezahlten Elternzeit führen, der die Vereinbarkeit von Familie und Erwerb sowie die Chancengleichheit von Müttern und Vätern auf dem Arbeitsmarkt wirksam fördert.
Care-Arbeit: Ein souveräner Staat braucht eigene Daten. Es soll in Liechtenstein sichtbar gemacht werden, wie viel unbezahlte Care-Arbeit von Frauen* und Männern* geleistet wird.
Die gleichberechtigte Verteilung unbezahlter Arbeit zwischen den Geschlechtern ist gelebte Gleichstellung. Überall auf der Welt wird mehr unbezahlt gearbeitet als bezahlt – so wird es auch in Liechtenstein sein. Frauen* leisten einen grossen Teil der unbezahlten und gesellschaftlich sehr wichtigen Care-Arbeit (Familienarbeit, Kindererziehung, Betreuung von Kindern und älteren Menschen). Die unbezahlte Care-Arbeit ist ein elementarer Gleichstellungsindikator, denn es zeigt sich, dass nach wie vor der grösste Teil von unbezahlter Care-Arbeit von Frauen* geleistet wird. Dies wirkt sich auf ihr Einkommen, ihr Vermögen und schlussendlich ihre bedeutend niedrigere Altersrente aus.
Stillzeit: Gemäss Arbeitsgesetz Art. 35. Abs. 2 ist der Arbeitgeber verpflichtet, einer stillenden Mutter die erforderliche Zeit zum Stillen oder Abpumpen freizugeben. Im Arbeitsgesetz ist nicht festgehalten, ob die Stillzeit bezahlt ist oder nicht. Eine stillende Mutter, die nach 16 bzw. 20 Wochen ihre Arbeit wieder aufnimmt und weiterhin stillt, kann folglich Minusstunden anhäufen. Aufgrund dieser «selbstverschuldeten Minusstunden» kann der Arbeitgeber den Lohn kürzen. Die bestehende Regelung gibt immer wieder Anlass zu Konflikten zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitgebern in Liechtenstein.
Gemäss der Familienumfrage 2017 müssen Frauen in der Realität häufig abstillen oder unbezahlten Urlaub an die Mutterschaftskarenz anhängen – wobei es von den finanziellen Verhältnissen abhängt, ob das überhaupt möglich ist. Stillen stellt einen grossen Nutzen – nicht nur für die Gesundheit des Kindes, sondern auch für die gefühlsmässige Bindung zwischen Mutter und Kind dar. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, Babys sechs Monate lang ausschliesslich zu stillen und danach bis zum Alter von zwei Jahren in Kombination mit der Beikost weiterzustillen.
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Wir ersuchen den Hohen Landtag diese Petition in Behandlung zu ziehen und an die Regierung zu überweisen, damit diese die Umsetzung der folgenden Forderungen in die Wege leitet:
– Flächendeckende Lohnanalysen, die in die Gleichstellungsindikatoren aufgenommen werden.
– Massnahmen, welche die Lohnungleichheit abbauen und wir fordern von den Wirtschaftsverbänden (Industrie, Gewerbe und Finanzsektor), dass sie die Massnahmen, welche die Regierung setzt, in ihren angeschlossenen Betrieben unterstützen.
Begründung
Die Lohngleichheit zwischen Frau* und Mann* ist dann gewährleistet, wenn Frauen* und Männer* den gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit erhalten. Um überprüfen zu können, ob die Lohngleichheit im eigenen Betrieb eingehalten wird, brauchen Arbeitgebende ein geeignetes Tool. Das Eidgenössische Gleichstellungsbüro stellt beispielsweise hierfür das Standard-Analyse-Tool Logib zur Verfügung. Die Anwendung des Webtools ist kostenlos, anonym, sicher und einfach. Logib besteht aus zwei Modulen. Modul 1 beruht auf einer statistischen Methode und ist daher besonders für grössere Betriebe mit vielen Mitarbeitenden gut geeignet. Kleinere Unternehmen können das neue Modul 2 verwenden. Betriebe sind zu motivieren, ein Lohngleichheitstool anzuwenden.
Der monatliche Bruttolohn der Frauen* lag im Jahr 2020 um 14.0% tiefer als jener der Männer*. Bei den Frauen* belief sich der mittlere Bruttomonatslohn auf CHF 6'270, derjenige der Männer* erreichte CHF 7’287. Im Zeitraum von 2018 bis 2020 sind die Frauenlöhne* erneut stärker gestiegen als die Männerlöhne*. Die Lohndifferenz zwischen den Geschlechtern hat sich dadurch um 0.7 Prozentpunkte verringert. Der prozentuale Lohnunterschied zwischen Frauen* und Männern* ist in Liechtenstein aber noch immer höher als in der Schweiz mit 10.8% (privater und öffentlicher Sektor). https://www.statistikportal.li/de/themen/arbeitund-erwerb/loehne
Gleichstellung ist dann erreicht, wenn Frauen* und Männer* gleiche Aufstiegs- und Karrierechancen ungeachtet der Familienarbeit haben und keine Lohnunterschiede aufgrund des Geschlechts feststellbar sind. Der Abbau der Lohnungleichheit ist eine alte Forderung des Frauennetzes. Mit dem Ansatz der Freiwilligkeit der Regierung ist das Ziel von Lohngleichheit erst in Jahrzehnten erreichbar.
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Anlässlich des feministischen Streiks 2023 hat das Streik-Komitee ein Manifest zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter verfasst und der Regierung übergeben. Das Streik-Komitee ist keine homogene Gruppe von Frauen* – wie Frauen* allgemein keine homogene Gruppe sind. Sie unterscheiden sich in der Herkunft, in der Religion, im Alter, in der sexuellen Orientierung und es sind Frauen* mit und ohne Behinderung vertreten.
Treffen verschiedene Merkmale aufeinander – wie Frau* und behindert, Frau* und Muslima oder Frau* und dunkle Hautfarbe führt dies immer wieder zu Benachteiligungen.
Wir ersuchen den Hohen Landtag diese Petition in Behandlung zu ziehen und an die Regierung zu überweisen, damit diese die Umsetzung der folgenden Forderungen in die Wege leitet:
– Quantitative und qualitative Erhebungen (Grundlagenforschung) bezüglich Mehrfachdiskriminierung oder intersektionaler Diskriminierung.
– Massnahmen zur Bekämpfung von Mehrfachdiskriminierungen ergreifen – auch wenn die Fallzahlen in Liechtenstein klein sind.
– In der Umsetzung der Behindertenrechtskonvention Massnahmen für die Bekämpfung für Mehrfachdiskriminierungen für Frauen* und Männer* mit Behinderungen definieren.
– Die Regierung lässt Dolmetscher*innen für Deutsch und Gebärdensprache ausbilden und übernimmt die Kosten für eine Festanstellung eines/r Dolmetscher*in beim Liechtensteiner Behinderten-Verband.
– Wir fordern – für alle Menschen, die von einem oder mehreren der nachfolgenden Merkmale betroffen sind – einen barrierefreien Zugang in allen Lebensbereichen der Gesellschaft, Chancengerechtigkeit und Teilhabe unabhängig von Religion, Herkunft, Zugehörigkeit, Alter, sexueller Orientierung und Identität und/oder Behinderung.
Begründung
Mehrfachdiskriminierung bzw. mehrdimensionale Diskriminierung kann auftreten, wenn verschiedene Diskriminierungsgründe zusammenkommen und sich wechselseitig verstärken. Ein Beispiel für diese additive Form der Diskriminierung ist gegeben, wenn eine Frau mit Behinderung bei der Bewerbung um eine neue Anstellung aufgrund ihrer Behinderung erstens strukturell schlechtere Zugangschancen am Arbeitsmarkt hätte und wenn sie zweitens, als Frau dem mittelbaren Diskriminierungsrisiko einer schlechteren Bezahlung in der neuen Anstellung als Männer unterläge (gender pay gap). Beide Formen der Diskriminierung sind hierbei getrennt voneinander benennbar und analysierbar. https://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/ueber-diskriminierung/was-istdiskriminierung/diskriminierungsformen/diskriminierungsformen-node.html
Wie die Lohnstatistik des Amtes für Statistik zeigt, sind Frauen* mit Migrationshintergrund auf dem untersten Lohnniveau. Lohnstatistik 2018. Sonderpublikationen zur Lohnstatistik
2016 (ausgegeben Juli 2019) Amt für Statistik: Nach Geschlecht betrachtet waren die Lohnunterschiede zwischen liechtensteinischen und ausländischen Männern* mit 7.4% geringer als zwischen liechtensteinischen und ausländischen Frauen* mit 9.8%.
Wie in vielen anderen Bereichen fehlen uns in Liechtenstein auch im Bereich der Mehrfachdiskriminierung Erhebungen. Erhebungen, die Klarheit schaffen, wo die grössten Hürden vorhanden sind. Die Fallzahlen sind klein, aber dies soll uns nicht daran hindern, Massnahmen zu ergreifen, die bestehenden Hürden abzubauen und zu eliminieren.
Auch in der Behindertenrechtskonvention (BRK) zählen Frauen* zur gefährdeten Gruppe, die
Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind. Es wird ihnen in der BRK ein eigenständiger Artikel gewidmet. Artikel 6 handelt von Frauen mit Behinderungen. Darin wird die mehrdimensionale Diskriminierung von Frauen und Mädchen mit Behinderungen anerkannt, und die Staaten verpflichten sich, Fördermassnahmen zur Stärkung und Entwicklung von Frauen* mit Behinderungen zu ergreifen.
Liechtenstein hat seit mehreren Jahren keine eigene Gebärdensprachdolmetscher*in mehr. Immer wieder kommt es vor, dass ein Übersetzungsbedarf besteht, aber keine Dolmetscher*in zur Verfügung steht. Mit einer*m fix angestellten Dolmetscher*in könnten die Einsätze für Übersetzungen besser gewährleistet werden.
Wir sind für Chancengerechtigkeit für alle und gegen Diskriminierung jeglicher Art. Frauen*
sind keine homogene Gruppe von Menschen und es gibt unter ihnen Privilegierte und weniger Privilegierte. Zudem können Menschen von mehreren Diskriminierungen betroffen sein. So können Frauen weiteren Diskriminierungen aufgrund eines oder mehrerer Merkmale wie Religion, Herkunft, Zugehörigkeit, Alter, sexueller Orientierung und Identität und/oder Behinderung ausgesetzt sein. Diskriminierung ist für verletzliche Personengruppen leider alltäglich: z.B. in Bezug auf den Zugang zu Informationen für Menschen mit Behinderungen (u.a. Wahlunterlagen in einfacher Sprache) oder alten Menschen, Alltagsrassismus.
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Wir ersuchen den Hohen Landtag diese Petition in Behandlung zu ziehen und an die Regierung zu überweisen, damit diese die Umsetzung der folgenden Forderungen in die Wege leitet:
– Den Schwangerschaftsabbruch in Liechtenstein in Form einer Fristenregelung in den ersten 12 Schwangerschaftswochen zu entkriminalisieren.
– Eine Aufhebung des §98a STGB (Erbieten zum Schwangerschaftsabbruch und Ankündigung von Mitteln hierzu).
Begründung
Die Durchführung des Schwangerschaftsabbruchs wird in Liechtenstein nach wie vor kriminalisiert und sachliche Informationen zum Schwangerschaftsabbruch oder Schwangerschaftskonflikt werden verunmöglicht oder fehlen.
Durch eine Revision des StGB, welche im März 2015 vom Landtag beschlossen wurde und am 1. Juli 2015 in Kraft getreten ist, wurden Anpassungen der Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch vorgenommen. Die wichtigste Änderung ist dabei die Entkriminalisierung der Frau durch die Abänderung von § 96 Abs. 3 StGB. Eine schwangere Frau, welche einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lässt, ist seither nicht mehr strafrechtlich zu verfolgen, wenn der Schwangerschaftsabbruch durch einen Arzt durchgeführt wird. Die Gesetzesrevision ändert aber nichts daran, dass die Vornahme eines Schwangerschaftsabbruchs in Liechtenstein für alle Tatbeteiligten – mit Ausnahme der Schwangeren selbst – strafbar bleibt, ausser in bestimmten Fällen (Gesundheitsgefährdung für die Frau und wenn die Schwangerschaft durch Vergewaltigung, sexuelle Nötigung oder sexuellem Missbrauch zustande kam). (Siehe auch 5. Länderbericht zur Frauenkonvention der Regierung von Januar 2018.)
Der CEDAW-Ausschuss empfahl nach der letzten Berichterstattung zur Frauenkonvention (Juli 2018) die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs für die Schwangere sowie für Leistungserbringer medizinischer Dienstleistungen, zumindest in Fällen gravierender fötaler Beeinträchtigung.
Informationsverbot: «Wer öffentlich in der Absicht, den Abbruch von Schwangerschaften zu
fördern, seine eigenen oder fremde Dienste anbietet oder Mittel, Gegenstände oder Verfahrensweisen ankündigt, anpreist, ausstellt oder sonst zugänglich macht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.»
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OK Feministischer Streik
c/o LANV Liechtensteinischer ArbeitnehmerInnenverband
Nicole Jäger
Dorfstrasse 24
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